Gute Zeit, schlechte Zeit
Von Manfred Schäfers
Gute Konjunkturzeiten sind schlechte Zeiten für die Opposition. Das hat der Auftakt für die abschließende Beratung über den Haushalt 2008 in dieser Woche im Bundestag auf das schönste bestätigt. Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) und die Koalitionäre badeten schier in Selbstzufriedenheit: weniger Arbeitslose, weniger Sozialabgaben, weniger Staat, weniger Neuverschuldung. Spätestens im Jahr 2011 werde man ohne zusätzliche Kredite auskommen. Unbarmherzig hauten sie der kleinen Schar Andersdenkender ihre Bilanz erreichter und erhoffter Erfolge um die Ohren. Tatsächlich hat sich manches zum Besseren entwickelt. Aber was haben Union und SPD dafür geleistet? Wäre ein früherer Haushaltsausgleich möglich? Und wie lange wird der Aufschwung halten?
Die Redner der kleineren Parteien hielten tapfer dagegen und zielten auf die Schwachstellen schwarz-roter Haushaltspolitik. Sie wiesen darauf hin, dass bisher die Steuererhöhungen größer sind als der Defizitrückgang, dass im nächsten Jahr die Ausgaben stärker steigen als die Einnahmen, dass immer noch die konsumtiven Ausgaben schneller wachsen als die Investitionen. FDP-Politiker schwenkten ein dickes Buch voller Sparvorschläge und bekundeten: Ein ausgeglichener Haushalt sei schon im nächsten Jahr möglich. Und sogar die Grünen, die am liebsten selbst riesige Ausgabenpakete schnüren wollen, verlangten eine Halbierung des eingeplanten Defizits. Blass blieb dagegen die Linke, die gebetsmühlenhaft die Entlastungen für Unternehmen kritisierte.
Tatsächlich segelt die große Koalition mit einer kräftigen Konjunkturbrise im Rücken bisher mühelos in Richtung eines ausgeglichenen Bundeshaushalts. Die von ihr zu Beginn ihres Bündnisses durchgesetzten Steuererhöhungen tun ein Übriges. Sie haben allen Befürchtungen zum Trotz den Aufschwung nicht abgewürgt, der starken Außenwirtschaft sei Dank. Handel und Handwerk leiden indessen noch immer unter der höheren Mehrwertsteuer. Zum echten Sparen fehlte und fehlt der Regierung der Mut, stattdessen legt man großzügig hier und da etwas drauf. Man kann nur hoffen, dass man später nicht von einer großen Chance sprechen wird, die eine kleinmütige Koalition leichtfertig verspielt hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.11.2007 Seite 1
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